Station 3 – Lager Sportplatz
„Wir mussten zuerst die Toten der Nacht hinausschaffen“
Station 3 als Audioguide
Das KZ in der Stadt
Im August 1944 wurde neben dem Gelände des Haslacher Sport-platzes das Konzentrationslager Sportplatz als Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof eingerichtet. Am 16. September 1944 kamen die ersten 399 Häftlinge im Lager an. Darunter waren 13 Nationen vertreten; zwei Drittel von ihnen waren Franzosen.
Der Häftling René Thalmann erinnert sich an seine Ankunft in Haslach. „Nachdem unsere Wächter nach ihrer Gepflogenheit uns zur Begrüßung ein paar Mal mit dem Gewehrkolben geschlagen hatten, führten sie uns in unser neues Quartier. […] Es erwies sich von Anfang an als viel zu klein, um die 400 Mann unseres Kommandos aufzunehmen. Wir wurden also in einem Teil dieser Baracke zusammengepfercht: zwei Mann pro Bettstelle […]. Der Arbeitstag begann lange vor Sonnenaufgang. Gegen 4 Uhr morgens wurden wir durch die Schreie und die Knüppelschläge des Lagerleiters [SS-Oberscharführer Robert Hochhaus] geweckt. […] Wir mussten zuerst die Toten der Nacht hinausschaffen, damit sie beim Appell der SS mitgezählt werden konnten.“
Die Häftlinge marschierten von nun an jeden Morgen durch Haslach über den Marktplatz, vorbei an der Kirche hinauf zum Vulkan, wo sie Straßen bauen, Leitungen verlegen, Steine brechen und Stollenböden betonieren mussten. Unter dem Druck der zunehmenden alliierten Luftangriffe sollten die hier bestehenden Stollen zu unterirdischen und bombensicheren Produktionsanlagen für Rüstungsgüter ausgebaut werden.
So marschierten wir jeden Morgen als eine lange Kolonne [von ca. 350 Häftlingen] bewacht von etwa 30 SS-Männern, von denen einer brutaler war als der andere [auf den Vulkan]. Um zu den Steinbrüchen zu gelangen, musste man die Stadt durchqueren, und unsere Wächter zwangen uns, im Gleichschritt zu gehen; mit Holzschuhen anfangs und nach einer Weile nur noch mit einfachen Lumpen oder Papier von Zementsäcken, die am Fuß mit Bindfaden oder Draht festgebunden waren. Bis zum Arbeitsplatz musste man ungefähr eine Stunde gehen, es war anstrengend, denn der Weg dorthin führte zum großen Teil über einen ziemlich steilen Anstieg. „Bei jedem Wetter mussten wir ununterbrochen arbeiten, unter den Beschimpfungen und Schlägen der Wachmänner. […] Als wir [abends wieder] im Lager angekommen waren, pferchte man uns auf dem Appellplatz zusammen, während sich unsere Wächter wämten oder stärkten. Das dauerte eine oder zwei Stunden, manchmal länger. Wir schmiegten uns aneinander, und im Winter machten wir auf der Stelle eine Art Bärentanz, um zu vermeiden, dass unsere Füße im Schmutz festfroren.“
Schwerstarbeit bis zum Zusammenbruch
Das Lagerleben war geprägt von willkürlicher Gewalt und brutalem Mangel. Die Häftlinge wurden nur unzureichend ernährt. So erhielten sie morgens einen Becher dünnen Eichel-Kaffee, am Mittag eine wässrige Suppe und abends wiederum etwas Suppe, ungefähr 150 Gramm Brot mit etwas Margarine oder einer kleinen Scheibe Wurst. So ist es bei diesen Tagesrationen nicht verwunderlich, dass die Männer am Abend nach 12 Stunden Schwerstarbeit völlig entkräftet ins Lager zurückkehrten. René Thalmann berichtet am 14. Oktober 2010 bei einem Unterrichtsbesuch im Robert-Gerwig-Gymnasium in Hausach unter anderem von den Märschen zurück zum Sportplatz: Immer wieder seien Häftlinge gestürzt und mussten von ihren Kameraden gestützt oder getragen werden. Diese gegenseitige Hilfeleistung erregte oft den Zorn der Wächter. Dann schlugen sie mit dem Gewehrkolben oder dem Gewehrlauf zu. Manchmal gingen sie sogar so weit, auf Häftlinge zu schießen, die aus der Reihe traten. Vor den Augen des siebzehnjährige René Thalmann wurde einmal einer seiner Kameraden durch einen Kopfschuss getötet, weil er sich am Wegrand nach etwas Essbarem bückte. So erinnert sich Thalmann, dass einige Haslacher Bürger für die ausgezehrten Häftlinge entlang des Weges Obst und Gemüse deponierten – aber auch mit Steinen beworfen und als „Verbrecher“ beschimpft worden zu sein.
Das Ende des Lagers Sportplatz
Da es in den Haslacher Lagern bald immer weniger arbeitsfähige Männer gab, folgte Anfang Dezember 1944 Verstärkung durch KZ-Häftlinge aus Flossenbürg. Im Februar 1945 wurden die nun noch etwa 150 arbeitsfähigen Häftlinge des Lagers Sportplatz ins KZ Dautmergen überführt; 256 Häftlinge waren bereits so entkräftet und von Krankheit gezeichnet, dass sie ins „Sterbelager“ Vaihingen/ Enz gebracht wurden.
Das Haslacher Lager Sportplatz stand dann kurzfristig leer, sodass die letzten Häftlinge der Lager Vulkan und Kinzigdamm aufgenommen wurden, bis es am 16. April 1945 endgültig geräumt wurde. Am 21. April 1945 wurde Haslach von französischen Truppen befreit.
1970 trafen sich wieder überlebende Häftlinge in Haslach und gedachten ihrer toten Kameraden und erinnerten an ihr eigenes Leid. Im Rahmen dieser Begegnung wurde an die ehemalige KZ-Baracke diese Gedenktafel angebracht. Seitdem die Baracke 1979 abgerissen und an ihrer Stelle die Markthalle errichtet wurde, befindet sich die Gedenktafel neben dem Halleneingang.